Bericht: Workshop Ortstypologie und Ortsontologie

Wie lässt sich ein Normdatensatz über historische Ortsdaten organisieren, der einfach zu implementieren und gleichzeitig in der Lage ist, die Feinheiten historischer Unterschiede abzubilden? Um diese Frage zu diskutieren, lud histHub am 26. März 2018 im Haus der Akademien in Bern zum ersten öffentlichen Workshop ein. Nach der Begrüssung durch Markus Zürcher, Generalsekretär der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften, und einer Einführung von Alban Frei, Geschäftsführer von histHub, führte Manuela Weibel, Computerlinguistin beim Schweizerischen Idiotikon, durch den inhaltlichen Teil des Workshops. Manuela Weibel stellte den Datenbestand vor, auf welchem die Entwicklungen von histHub aufbauen und präsentierte das dazugehörige Datenmodell den zahlreich erschienen Teilnehmenden aus Archiven, Editionsprojekten, Universitäten und weiteren Institutionen aus dem Bereich der historischen Wissenschaften. Die Computerlinguistin erläuterte ausserdem, welche Attribute bei den Orten im Normdatensatz erfasst werden und wie die Community über eine Feedbackfunktion die Normdaten kommentieren kann. Die Normdaten werden zudem über einen Permalink eindeutig identifizierbar und können so von Forschungsinstitutionen in die eigenen Datenbanken eingebunden werden.

Im zweiten Teil der Veranstaltung stellte Manuela Weibel die Typologie als Ordnungsmuster zur Klassifizierung und eindeutigen Bestimmung von Orten vor. Die hierarchische Baumstruktur hat den Vorteil, dass Ortsdaten unterschiedlichster Granularität in der gleichen Struktur abgebildet werden können. Je nach Informationsgehalt lässt sich ein Typ auf einer höheren, allgemeinen oder auf einer tieferen, spezifischen Ebene festlegen. Dass sich die Typologie dabei je nach Datenbestand und Präzisionsanspruch anpassen lässt, führte die Diskussion lebhaft vor Augen. Ausserdem wurde dazu angeregt, die Typologie an bestehenden Ordnungsstrukturen zu orientieren. Kurz: Typologien sind Ordnungsstrukturen und als solche nehmen sie Klassifizierungen vor, deren Genauigkeit immer Anlass zu Diskussionen geben dürfte.

Mit dem Thesaurusmanager präsentierte Manuela Weibel ein Tool, das histHub für das Organisieren, Verwalten und Anzeigen von Typologien entwickelt hat. Mit Hilfe dieses Werkzeuges lässt sich die histHub-Typologie projektspezifisch ergänzen oder eine gänzlich neue Ordnungsstruktur anlegen. Mit dem Thesaurusmanager hat histHub ein nützliches Tool in seiner Angebotspalette, um das Problem der Genauigkeit von hierarchischen Ordnungsstrukturen kontextabhängig zu lösen.

Für das Ziel von histHub, einen Normdatensatz zur Schweizer Geschichte zu entwickeln und Forschungsdaten zu vernetzen, ist die Ortstypologie in erster Linie ein wichtiger Baustein des ontologischen Datenmodells. Während die Typologie die Ortsdaten nach Typen ordnet und dadurch erlaubt, Relationen herzustellen, lässt sich die Ontologie als übergeordnetes Referenzmodell beschreiben. Durch ein solches Referenzmodell lassen sich verschiedene Datenbestände verbinden. Softwareentwickler Lorenz Küchler vom Schweizerischen Idiotikon hat am Workshop erklärt, wie die Einbindung einer Typologie in eine Ontologie funktioniert. Weil Ontologien der Interoperabilität dienen, orientiert sich histHub an der bestehenden Referenzontologie von CIDOC-CRM.

Manuela Weibel und Lorenz Küchler am Workshop Ortstypologie und Ortsontologie

Der Workshop hat gleichermassen den Bedarf an verlässlichen Normdaten zu Ortsdaten aufgezeigt und das Potenzial von einer semantischen Modellierung und Hierarchisierung der Daten durch Typologien und Ontologien angedeutet. Die Veranstaltung hat aber vor allem auch vor Augen geführt, wie wichtig der Austausch mit der Community bei der Entwicklung dieser Dienstleistungen ist. Der bis auf den letzten Platz besetzte Saal und die angeregte Diskussion lassen sich in dieser Hinsicht als Ermunterung und Verpflichtung für die weiteren Schritte von histHub interpretieren.

Zum Download:  PowerPoint-Präsentation von Manuela Weibel und Lorenz Küchler